Robotic Process Automation (RPA) ist eine der am schnellsten wachsenden Technologien im Bereich der Unternehmensautomatisierung. Doch was genau bedeutet RPA – und wo setzen Unternehmen diese Technologie tatsächlich ein?
In diesem Artikel zeigen wir Ihnen 10 konkrete RPA-Beispiele aus verschiedenen Branchen und Unternehmensbereichen. Von der automatisierten Rechnungsverarbeitung bis zur Compliance-Prüfung – diese Anwendungsfälle zeigen das volle Potenzial von Robotic Process Automation.
Was ist RPA? Kurz erklärt: RPA nutzt Software-Roboter, die menschliche Interaktionen mit digitalen Systemen nachahmen. Sie können klicken, tippen, kopieren und Daten übertragen – genau wie ein Mensch, nur schneller, fehlerfrei und rund um die Uhr.
10 RPA-Beispiele aus der Praxis
Die folgenden Beispiele stammen aus echten Unternehmensprojekten und zeigen, wie vielfältig RPA eingesetzt werden kann:
1. Rechnungsverarbeitung automatisieren
Das Problem: Eingehende Rechnungen müssen manuell geprüft, erfasst und im ERP-System gebucht werden. Das kostet Zeit und ist fehleranfällig.
Die RPA-Lösung: Ein Software-Roboter liest Rechnungen ein (PDF, E-Mail, Scan), extrahiert relevante Daten (Betrag, Lieferant, Rechnungsnummer), gleicht sie mit Bestellungen ab und bucht sie automatisch.
Typische Ersparnis: 70-80% weniger manueller Aufwand, Fehlerrate sinkt um 90%.
2. Datenübertragung zwischen Systemen
Das Problem: Daten müssen regelmäßig von System A nach System B übertragen werden – etwa von Excel ins CRM oder vom Shop ins Warenwirtschaftssystem.
Die RPA-Lösung: Der Roboter liest Daten aus dem Quellsystem, validiert sie und trägt sie strukturiert ins Zielsystem ein. Das funktioniert auch bei Alt-Systemen ohne moderne API.
Typische Ersparnis: 95% Zeitersparnis, kein Copy-Paste-Fehler mehr.
3. Kunden-Onboarding
Das Problem: Neue Kunden müssen in verschiedenen Systemen angelegt werden – CRM, Buchhaltung, Newsletter-Tool, Zugangsverwaltung.
Die RPA-Lösung: Nach Vertragsabschluss legt der Roboter den Kunden automatisch in allen relevanten Systemen an, versendet Willkommens-E-Mails und erstellt Zugangsdaten.
Typische Ersparnis: Onboarding-Zeit von 2 Stunden auf 5 Minuten.
4. HR-Prozesse: Urlaubsanträge & Onboarding
Das Problem: Urlaubsanträge werden per E-Mail gestellt, müssen manuell geprüft und in HR-Systeme eingetragen werden. Neuen Mitarbeitern fehlen am ersten Tag Zugänge.
Die RPA-Lösung: Anträge werden automatisch erfasst, gegen Regeln geprüft (Restuurlaub, Sperrfristen) und nach Genehmigung ins System eingetragen. Bei Neueinstellungen werden alle IT-Zugänge automatisch angelegt.
Typische Ersparnis: 60% weniger HR-Administrationsaufwand.
5. Bestellabwicklung im E-Commerce
Das Problem: Bestellungen aus verschiedenen Kanälen (Shop, Marktplätze, B2B-Portal) müssen manuell zusammengeführt und verarbeitet werden.
Die RPA-Lösung: Der Roboter sammelt Bestellungen aus allen Kanälen, prüft Lagerbestände, generiert Versandlabels und aktualisiert den Bestellstatus automatisch.
Typische Ersparnis: Bearbeitungszeit pro Bestellung von 10 Minuten auf 30 Sekunden.
6. Report-Generierung
Das Problem: Wöchentliche oder monatliche Reports erfordern manuelle Datenaggregation aus verschiedenen Quellen.
Die RPA-Lösung: Der Roboter sammelt Daten aus allen relevanten Systemen, erstellt standardisierte Reports (Excel, PDF) und versendet sie automatisch an die richtigen Empfänger.
Typische Ersparnis: Report-Erstellung von 4 Stunden auf 10 Minuten.
7. E-Mail-Klassifizierung und -Weiterleitung
Das Problem: Ein zentrales Postfach (info@, support@) erhält hunderte E-Mails täglich, die manuell sortiert werden müssen.
Die RPA-Lösung: Der Roboter analysiert eingehende E-Mails, klassifiziert sie nach Inhalt und Dringlichkeit und leitet sie automatisch an die zuständige Abteilung weiter.
Typische Ersparnis: 80% weniger Sortieraufwand, schnellere Reaktionszeiten.
8. Lieferantenkommunikation
Das Problem: Bestellbestätigungen, Liefertermine und Statusabfragen erfordern ständigen E-Mail-Verkehr mit Lieferanten.
Die RPA-Lösung: Der Roboter sendet automatisch Bestellungen an Lieferanten, liest Bestätigungen aus und aktualisiert das ERP-System mit Lieferterminen.
Typische Ersparnis: 70% weniger manueller Kommunikationsaufwand.
9. Bestandsüberwachung und Nachbestellung
Das Problem: Lagerbestände werden manuell geprüft, Nachbestellungen oft zu spät ausgelöst.
Die RPA-Lösung: Der Roboter prüft regelmäßig Lagerbestände, vergleicht sie mit Mindestmengen und löst automatisch Bestellungen aus oder informiert den Einkauf.
Typische Ersparnis: Keine Fehlbestände mehr, 50% weniger Bestellaufwand.
10. Compliance-Prüfungen
Das Problem: Regelmäßige Prüfungen (Sanktionslisten, Kreditwürdigkeiten, Zertifikate) sind zeitaufwändig und werden oft vergessen.
Die RPA-Lösung: Der Roboter führt automatische Checks gegen Datenbanken durch, dokumentiert Ergebnisse revisionssicher und eskaliert bei Auffälligkeiten.
Typische Ersparnis: 100% Compliance-Abdeckung bei 80% weniger Aufwand.
Wann lohnt sich RPA?
Nicht jeder Prozess eignet sich für RPA. Die idealen Kandidaten erfüllen diese Kriterien:
Gut geeignet für RPA:
- Regelbasierte, wiederholende Aufgaben
- Hohe Transaktionsvolumen (>100 pro Tag/Woche)
- Strukturierte Daten (Formulare, Tabellen, E-Mails)
- Stabile Prozesse ohne häufige Änderungen
- Interaktion mit Alt-Systemen ohne API
Weniger geeignet:
- Prozesse mit vielen Ausnahmen
- Aufgaben, die menschliches Urteilsvermögen erfordern
- Schnell ändernde Abläufe
- Niedrige Fallzahlen (wenige Transaktionen pro Monat)
RPA vs. klassische Automatisierung
Was unterscheidet RPA von klassischer Prozessautomatisierung?
Klassische Automatisierung (API-Integration):
- Erfordert Schnittstellen zwischen Systemen
- Tiefe Integration, aber aufwändig zu implementieren
- Gut für moderne, API-fähige Software
RPA (Robotic Process Automation):
- Arbeitet auf der Benutzeroberfläche (wie ein Mensch)
- Keine Änderungen an bestehenden Systemen nötig
- Ideal für Alt-Systeme ohne Schnittstellen
- Schneller implementierbar (Wochen statt Monate)
Der beste Ansatz: Kombination aus beiden. APIs nutzen, wo möglich – RPA einsetzen, wo APIs fehlen oder zu teuer sind.
Typische ROI-Erwartungen bei RPA-Projekten
Die Rentabilität von RPA hängt stark vom Anwendungsfall ab. Realistische Werte:
Zeitersparnis:
- Einfache Prozesse (Dateneingabe): 60-80%
- Komplexe Prozesse (Multi-System): 50-70%
- Dokumentenverarbeitung: 70-90%
Fehlerreduktion:
- Typischerweise 80-95% weniger Fehler
- Wichtig bei compliance-relevanten Prozessen
Amortisation:
- Einfache Bots: 3-6 Monate
- Komplexe Automatisierungen: 6-12 Monate
- Großprojekte: 12-18 Monate
Kostenfaktoren:
- RPA-Lizenzen: 5.000-50.000€/Jahr (je nach Anbieter)
- Implementierung: 10.000-100.000€ pro Prozess
- Wartung: ca. 15-20% der Implementierungskosten/Jahr
Fazit
Robotic Process Automation ist mehr als ein Hype – es ist eine bewährte Technologie, die in tausenden Unternehmen weltweit produktiv eingesetzt wird. Die 10 Beispiele in diesem Artikel zeigen: RPA eignet sich besonders für repetitive, regelbasierte Aufgaben mit hohem Volumen.
Der wichtigste Erfolgsfaktor: Beginnen Sie nicht mit dem komplexesten Prozess. Wählen Sie einen einfachen, klar definierten Ablauf mit messbarem Volumen. Sammeln Sie Erfahrungen und skalieren Sie dann.
Ihr nächster Schritt: Identifizieren Sie einen Prozess in Ihrem Unternehmen, der die RPA-Kriterien erfüllt: regelbasiert, wiederholend, strukturierte Daten. Das ist Ihr idealer Startpunkt für Robotic Process Automation.