Die Hälfte aller Automatisierungsprojekte liefert nicht die erwarteten Ergebnisse. Nicht weil die Technologie versagt, sondern weil grundlegende Fehler bei der Planung und Umsetzung gemacht werden.
Die gute Nachricht: Diese Fehler sind vorhersehbar und vermeidbar. In diesem Artikel zeigen wir die fünf häufigsten Stolpersteine – und wie Sie sie umgehen.
Fehler 1: Tool-Fixierung statt Prozess-Fokus
Das Problem: "Wir brauchen ein CRM!" oder "Lass uns Make/Zapier einsetzen!" – das Tool wird zur Lösung erklärt, bevor das Problem verstanden ist.
Warum das scheitert: Tools können nur umsetzen, was Sie ihnen sagen. Wenn Ihr Prozess unklar oder ineffizient ist, wird die Software das nicht magisch reparieren. Sie bekommen schnelleres Chaos.
Die Lösung:
- Prozess erst auf Papier durchdenken
- Jeden Schritt hinterfragen: Ist das nötig?
- Erst dann: Welches Tool kann diesen optimierten Prozess unterstützen?
Faustregel: Wenn Sie Ihren Prozess nicht in 5 einfachen Schritten erklären können, ist er noch nicht bereit für Automatisierung.
Fehler 2: Alles auf einmal automatisieren wollen
Das Problem: Der große Wurf. Alle Prozesse gleichzeitig digitalisieren, vollständige Transformation in einem Projekt.
Warum das scheitert:
- Zu viele Veränderungen überfordern das Team
- Fehler in einem Bereich blockieren alle anderen
- Kein Quick Win, der Motivation schafft
- Budget und Zeit werden überschritten
Die Lösung:
- Ein Prozess als Pilotprojekt wählen
- Innerhalb von 4-6 Wochen zum Erfolg bringen
- Learnings dokumentieren
- Erst dann: Nächsten Prozess angehen
Priorisierung: Wählen Sie den Prozess mit dem besten Verhältnis aus "Zeitersparnis" und "Umsetzungsaufwand". Quick Wins zuerst!
Fehler 3: Keine Ist-Analyse vor der Optimierung
Das Problem: "Wir wissen ja, wie der Prozess läuft" – aber niemand hat je gemessen, wie lange welcher Schritt dauert.
Warum das scheitert:
- Sie wissen nicht, ob die Optimierung wirkt
- Falscher Fokus auf vermeintliche Zeitfresser
- Keine Basis für ROI-Berechnung
- Nach der Umsetzung: "Hat sich das gelohnt?" – Achselzucken
Die Lösung:
- Eine Woche lang jeden Prozessschritt tracken (Stoppuhr!)
- Dokumentieren: Wer macht was, wie oft, wie lange?
- Engpässe und Zeitfresser identifizieren
- Diese Zahlen als Baseline für Vorher-Nachher-Vergleich nutzen
Tipp: Nutzen Sie ein einfaches Zeiterfassungstool wie Toggl oder eine Excel-Tabelle. Die Genauigkeit der Zahlen ist wichtiger als das Tool.
Fehler 4: Mitarbeiter nicht einbinden
Das Problem: Die Führungsebene beschließt Automatisierung, implementiert wird von IT/externen Beratern. Die Mitarbeiter, die den Prozess täglich ausführen, werden nicht gefragt.
Warum das scheitert:
- Mitarbeiter kennen die echten Probleme und Workarounds
- Ohne Buy-in wird das neue System umgangen
- "Das hat man uns aufgedrückt" = aktiver oder passiver Widerstand
- Wichtige Details werden übersehen
Die Lösung:
- Mitarbeiter von Anfang an einbeziehen ("Was nervt euch am meisten?")
- Ihre Ideen ernst nehmen
- Den Nutzen für sie klar kommunizieren (weniger Stress, nicht Jobabbau)
- Schulung nicht als Pflicht, sondern als Unterstützung gestalten
Wichtig: Automatisierung sollte als Entlastung kommuniziert werden, nicht als Kontrolle oder Rationalisierung.
Fehler 5: Einmal einrichten und vergessen
Das Problem: Die Automatisierung läuft, das Projekt ist abgeschlossen. Niemand schaut mehr hin.
Warum das scheitert:
- Prozesse ändern sich, die Automatisierung nicht
- Kleine Fehler summieren sich
- Neue Möglichkeiten werden nicht genutzt
- Nach einem Jahr: "Das System ist veraltet"
Die Lösung:
- Quartalsweise Review der automatisierten Prozesse
- KPIs kontinuierlich tracken
- Feedback-Kanal für Nutzer einrichten
- Jährlich: Ist die Technologie noch aktuell?
Kennzahlen beobachten:
- Fehlerquote
- Durchlaufzeiten
- Nutzungshäufigkeit
- Manuelle Eingriffe (Exception Handling)
Bonus: So machen Sie es richtig
Die erfolgreichen Automatisierungsprojekte folgen einem klaren Muster:
Phase 1: Verstehen (1-2 Wochen)
- Ist-Prozesse dokumentieren und messen
- Schmerzpunkte identifizieren
- Mitarbeiter einbeziehen
- Quick Wins priorisieren
Phase 2: Optimieren (1 Woche)
- Prozess auf Papier neu designen
- Jeden Schritt hinterfragen
- Verschwendung eliminieren
- Neuen Prozess validieren (noch ohne Tool)
Phase 3: Automatisieren (2-4 Wochen)
- Tool basierend auf Anforderungen wählen
- Pilotprojekt implementieren
- Testen, anpassen, schulen
- Go-Live mit Supportphase
Phase 4: Verbessern (laufend)
- KPIs tracken
- Feedback sammeln
- Quartalsweise optimieren
- Nächsten Prozess angehen
Fazit
Die fünf Fehler lassen sich auf einen Nenner bringen: Technologie ist nicht die Lösung, sondern das Werkzeug.
Erfolgreiche Automatisierung bedeutet:
- Erst verstehen, dann handeln
- Klein starten, groß skalieren
- Menschen mitnehmen
- Kontinuierlich verbessern
Wenn Sie diese Prinzipien beherzigen, gehören Sie zu der Hälfte, deren Projekte funktionieren.
Ihr nächster Schritt: Überprüfen Sie Ihr aktuelles oder geplantes Automatisierungsprojekt gegen diese fünf Fehler. Wo sehen Sie Risiken? Was können Sie ändern?